ⒸKati Glas

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Eine kleine Geschichte von „für einen Scheißtag war es ein ziemlich guter Tag“. Mit meiner zweiten Mitteldistanz beim Ostseeman 113 in Damp wollte ich meine Form in Richtung meiner ersten Langdistanz testen. Wettertechnisch begann der Tag astrein. Blauer Himmel, Windstille und eine spiegelglatte, kristallklare Ostsee.
15 Minuten später als ursprünglich geplant fiel der Startschuss zum ersten Ostseeman 113. Das Schwimmen lief von Anfang an miserabel. Nicht nur, dass mein Neo es nach fünf oder sechs Jahren gewagt hatte, am Bein aufzureißen, wurde mir auch noch meine Schwimmbrille vom Kopf gehauen und ich musste meine Badekappe richten. Mit 17°C war mir die Ostsee einfach zu kalt ohne Badekappe. Nach 29 Minuten, und damit vier Minuten hinter den Ersten, hatte die Tortur für mich endlich ein Ende. Ich konnte also endlich mit meinen Lieblingsdiziplinen weitermachen. Schon die ersten Meter wusste ich, meine Beine sind gut. Weshalb auch nicht?
Beim Schwimmen hatte ich mich ja offensichtlich geschont. 500m weiter war der Spaß dann auch erstmal zu Ende und mein Tag erreichte den absoluten Tiefpunkt. Trommelwirbel, gleich darf gelacht werden. Beim Anziehen meines linken Schuhs fuhr ich nach links, flog über den Bordstein und landete in der Hecke. Meinem Rad war glücklicherweise nichts passiert, mein schöner Saysky-Anzug überlebte jedoch nicht. Die Schürfwunden im Gesicht, an Brust, Armen und Beinen trugen heute allerdings zur Erheiterung im Büro bei und sorgten auch am Sonntag schon für lächelnde Gesichter. Schön, wenn man in schweren Zeiten andere zum Lachen bringen darf. 😉

 

ⒸKati Glas

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Eine Minute später hatte ich meine sieben Sachen zusammengesammelt, den Schuh angezogen, Krone gerichtet – die wilde Fahrt konnte also weitergehen. Die Lust und der Spaß waren zu dem Zeitpunkt jedoch in Gänze der Resignation gewichen. An der ersten Verpflegungstelle besorgte ich mir zuallererst eine Pulle Wasser, um den Schmutz und Dreck abzuspülen. Drei, vier, fünf Minuten nach dem Sturz hatte ich bereits die Resignation vertrieben und meine Beine mit „jetzt erst recht“ gefüllt.

So zog ich mit mächtig Dampf meine Kreise und rauschte an immer mehr Athleten vorbei, bis ich nach 1,5 Runden auf Till Schramm auffuhr, der zu dem Zeitpunkt schon halb aufgegeben zu haben schien. Meine Frage nach dem Abstand nach vorne wurde mit „zu weit weg“ beantwortet. Mir egal, dachte ich und trat umso doller in die Pedale. Die nächsten 1,5 Runden jagte ich, bis auf wenige Augenblicke, alleine in Richtung Spitze. Ich musste einen guten Tag erwischt haben, denn zu keinem Zeitpunkt hatte ich großartig Hunger, Durst oder fühlte mich ausgelaugt. Am Anfang der Runde vier fuhr ich dann endlich auf die große Gruppe auf.
Jan Oelerich führte diese Gruppe, gefolgt von Fabian Günther an, ich hinterher und nach uns eine ganze Kette von Athleten. Auch wenn es normalerweise nicht zu meinem taktischen Repertoire gehört, so nutzte ich dennoch die Chance, um mich die letzte Runde zu erholen und Kraft für das Laufen zu sammeln. In der Wechselzone ging es dann heiß und hektisch her.
Die ersten Jungs, darunter Till Schramm und Fabian Günther preschten aus der Wechselzone mit 3:10 – 3:15 min/km. Ausnahmsweise hatte ich heute meine Uhr umgebunden und so konnte ich mich zügeln. Die beiden Jungs in Sichtweite lief ich ganz in Ruhe meinen Stiefel. Peu á peu schmälerte sich der Rückstand. Beim Einbiegen in die Runde zwei verpasste ich leider die Verpflegung. Nichtsdestotrotz fand ich mich kurze Zeit später an 4. Stelle vor Till Schram und Fabian Günther wieder. Ruhig und stetig spulte ich mein Tempo ab. 3:30 – 3:40 min/km zeigte meine Uhr mir an und ich fühlte mich immer noch gut! In der 4. Runde war für mich der 3. Platz bereits abgeschrieben.

 

ⒸKati Glas

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Doch am Anfang der Runde hieß es plötzlich, mein Abstand hätte sich von 50 Sekunden Rückstand auf 22 geschmälert. Und da sah ich Luca Heerdt plötzlich. Ich wartete auf einen guten Augenblick sowie eine passende Stelle, an der ich direkt aufs Gas, vorbei und meinen Kontrahenten unmittelbar den Zahn ziehen konnte, mich zu verfolgen. Drei Kilometer vor dem Ziel war ich also 3. Zwei Kilometer vor diesem tauchte dann Till Schramm auf, den ich schon lange für abgeschrieben hielt. Mit jedem Schritt erhöhte Till das Tempo. In mir brodelte es. Fast 4 Stunden und nun noch so ein Mist, der Tag war doch schon anstrengend genug. Immer schneller, immer schneller wurde das Tempo. Kurz vor dem Ziel fühlte ich langsam den Atem in meinem Nacken – mein Zeichen endlich richtig Gas zu geben. 112,5 km Wettkampf und am Ende noch ein Sprint. Ich schaltete einen Gang runter, angefeuert von meiner Familie, meiner Freundin und Freunden an der Strecke preschte ich ins Ziel und konnte mir mit 2 Sekunden Vorsprung in 3:51:33 Stunden den 3. Platz beim Ostseeman 113 in Damp sichern. Markus Tomschke und Tobias Drachler erkämpften sich zurecht die Plätze 1 und 2, mit ca. vier Minuten Vorsprung, in einem starken Feld beim ersten Ostseeman 113 in Damp .

Philipp Herber