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Am Sonntag war es nun soweit, meine erste Mitteldistanz stand vor der Tür. Der Tag, auf den ich ein paar Monate lang hintrainiert habe, war nun endlich da und es galt zu zeigen, was in den Beinen steckt. Die Vorbereitung lief im Großen und Ganzen echt gut, die Einheiten ließen sich gut durchziehen und auch der Regio-Auftritt in Vierlanden verhieß unter Berücksichtigung der Trainingsbelastung echt Gutes. So versuchte ich mich mental auf den 26. Juni, 8:30 Uhr vorzubereiten und freute mich auf das Ungewisse.
Der Wecker klingelte um 4:30 Uhr, kurz gefrühstückt, ein letztes Mal das Rad und die Klamotten gecheckt und dann ging es auf die knapp 1:30 Stunden lange Fahrt nach Uelzen. Bereits beim Einrichten der Wechselzone ging á la stille Post die Information umher, dass Neoverbot sei – so zog ich noch meinen Tri Team Einteiler über meinen kurzärmligen Castelli. Die neue Regelungänderung bezüglich der kurzärmligen Einteiler war mir nicht so ganz bewusst, was mich später noch ein bisschen Zeit kosten sollte.

3Um 8 Uhr startete die Wettkampfbesprechung, meine Nerven waren mittlerweile ein bisschen mehr auf Spannung und nach 10 Minuten Begrüßung und Lobreden der verschiedenen Bürgermeister wurden dann noch die letzten Informationen zum Wettkampf durchgegeben. Nach weiteren 5 Minuten konnten wir uns endlich auf den Weg zum Schwimmstart machen und uns davon überzeugen, dass das Wasser wirklich angenehm war: keine Badewanne, kein Eisloch, im Grunde echt gute Voraussetzungen. Der Start sollte rollend erfolgen, sodass immer 2 Starter nebeneinander ins Wasser springen durften. Ich stellte mich in dritter Reihe auf und versuchte, an der vier Mann großen Gruppe vor mir dran zu bleiben – kurz gesagt, es gelang mir nicht. Konnte ich den Abstand anfangs noch auf 10-20 Meter halten, wuchs er nach ca. 200 Metern konstant leicht an. Meinen Rhythmus konnte ich jedoch halten und so versuchte ich, das Tempo hoch zu halten. Doch dann passierte mir der dumme Fehler: nach der dritten Boje hielt ich mich nicht auf dem Weg zur vierten, sondern steuerte bereits Richtung Landgang! Verwundert, wo ich die 4er Gruppe, die doch noch vorhin mit einigem Abstand vor mir lag, abgehangen habe, leuchtete mir nach ca. 50 Metern ein, dass ich diese nicht aufgrund der Sonne übersah, sondern dass ich es versaut habe. So machte ich noch einen schnellen Haken wieder nach rechts Richtung Boje. Überraschung, da waren die anderen ja auch wieder, der Vorsprung nun natürlich ein ganzes Stückchen mehr. Der Rest verlief sonst relativ unauffällig, der Landgang hatte seinen üblichen Beigeschmack, aber ich konnte mit einer nicht ganz zufriedenstellenden Schwimmzeit und 2 Minuten Rückstand auf den 4. den See an 5. Position verlassen.

4Nun zügig den Tri Team Einteiler runter und in die Ärmel rein, Reißverschluss zu und ab auf die Radstrecke – soweit der Plan. Beim Versuch, den Reißverschluss zu schließen, versagte mein Kleinhirn wohl für einen Moment und ich zog den Reißverschluss hoch, ohne dass das untere Ende eingezippt war. So konnte ich nicht auf die Strecke, Zeitstrafen oder Disqualifikation wegen öffentlichen Ärgernisses erschienen mir als sicher – also möglichst ruhig den Zipper zurück, neuer Versuch und ein Erfolgserlebnis später konnte ich mich dann doch auf den Weg machen.

Die Beine fühlten sich gut an, ich konnte die angestrebten Werte drücken und so ließen sich die Kilometer gut herunterspulen. Auf den ersten Kilometern fuhr ich noch mit Stefan Hots zusammen bzw. vor ihm, nach ca. 10 Kilometern drückte er jedoch einfach ein paar Watt mehr auf die Straße, sodass ich mich dann wieder auf das angepeilte Tempo abfallen ließ und von nun an alleine weiterfuhr. Die Strecke war soweit echt schön zu fahren, ein bisschen profiliert mit einem längeren Hügel und einer anschließenden Abfahrt – die dann leider direkt gegen den Wind ging. Nichts desto trotz gingen die 90 Kilometer schneller als gedacht vorbei und ich konnte meine geplante Verpflegung ziemlich genau zu mir nehmen. Da sich mit den Runden die Strecke dann auch zunehmend mit den Teilnehmern der anderen Strecken füllte, verlor ich den Überblick über meine aktuelle Position vollkommen und rollte gespannt in T2.

56Da ich mich, wie geplant, auf der letzten Runde ein wenig geschont habe, ging es mit einem guten Gefühl in den Beinen auf die Laufstrecke. Im Vorfeld hatten wir uns überlegt, dass ich die ersten paar hundert Meter nur nach Gefühl anlaufe, dann einmal kontrolliere, dass ich nicht komplett überzocke und dann die nächsten Kilometer nur nach Gefühl weiterlaufe. So stellte ich nach ca. 700 m etwas verwundert fest, dass ich angeblich einen Pace von 3:40 laufe. Unsicher, wie zuverlässig das GPS-Signal unter den Bäumen auf dem Sandweg war und mit einem nach wie vor guten Gefühl in den Beinen drosselte ich das Tempo ein bisschen. Die ersten Kilometer liefen echt gut, ich blieb fokussiert und ich konnte einige Meter gutmachen, habe dann mit der Zeit aber auch schon gemerkt, dass die Beine nicht gerade von der Couch kommen, sondern schon ein paar Minuten Anstrengung drinstecken. Nachdem ich die erste Hälfte der 21,1 Kilometer in einem Schnitt von 3:55 durchlaufen habe, kam der sagenumwobene Hammer dann bei da. Kilometer 13 und ich brach nun stark ein. Ich habe meine Beine beim Laufen wirklich noch nie so schwer, müde und kraftlos erlebt. Die Parts auf dem zum Teil losen Sandweg habe ich gehasst, den kleinen Hügel habe ich innerlich mit jedem Mal mehr verflucht und bei jeder ründlichen Kontrolle der Bänder an meinem Arm habe ich gehofft, mich vorher verzählt zu haben. Ich hatte mich vom Kopf her darauf eingestellt, dass es hart wird und auch, dass ich beim Laufen wahrscheinlich keinen negativen Split laufen werde – aber so einzubrechen hatte ich mir vorher nicht vorgestellt. Auf die Uhr habe ich nicht mehr geguckt, sondern mich auf kurze Abschnitte konzentriert und alles daran gesetzt, fokussiert zu bleiben. Als dann endlich die letzte Laufrunde anbrach konnte ich noch einmal alles aufraffen und das Tempo wieder einigermaßen erhöhen und dann wirklich vollkommen fertig ins Ziel laufen.

1Mit 2:56:48 Stunden nach dem Rad und einem Halbmarathon von 1:31:59 kam ich dann gesamt auf 4:28:47h – nicht ganz genau das, was ich mir im Vorfeld ausgerechnet hatte, aber immer noch unter die 4:30 h Grenze und der 6. Platz gesamt bzw. 4. Platz der Altersklasse. Froh, meine mitgereisten Supporter wieder zu sehen, versuchte ich im Zielbereich noch möglichst viel meines Startgeldes durch Kuchen und Cola wieder reinzuholen und Kräfte für die Rückfahrt zu sammeln.
In Summe bin ich wirklich zufrieden, dieses Rennen werde ich so schnell nicht vergessen und vor allem werde ich nie wieder die abschließende Disziplin zu hart angehen. Dass gerade das Radfahren als meine schwächste Disziplin in der letzten Saison hier so gut lief und zumindest bis zu den ersten 10 Kilometern alles im Soll war, zeigt mir, dass das Training und die Entwicklung auf jeden Fall in die richtige Richtung gehen. Vor allem aber bin ich eine Erfahrung reicher und werde mich mit der Vorfreude auf das zweite Highlight der Saison, den Ironman 70.3 in Zell am See Ende August, durch die nun anstehende Klausurenphase bringen.

Julian Stürznickel