Willkommen in Szczeci – Sieg vor heimischem Publikum

Wenn es nach Pierogies duftet, der eiskalte Klare zum Einschenken bereitsteht und es für einen Vegetarier kaum etwas zu beißen gibt, dann gibt es keinen Zweifel daran: Du bist in Polen!

Kurz hinter Berlin und nur 400 Kilometer von Hamburg entfernt, liegt die wunderschöne Stadt Szczecin (Stettin). Szczecin ist nicht nur meine Geburtsstadt, sondern auch Heimat meiner gesamten Familie und der Ort, an dem ich den Großteil meiner Schulferien verbracht habe.

Mitten in der Saisonplanung und auf der Suche nach einer geeigneten Mitteldistanz, welche sich harmonisch in die Ligasaison integrieren lassen würde, stieß ich zufällig auf den polnischen Triathlonveranstalter Tritour (https://tritour.com.pl/).

Als ich den Rennkalender des Veranstalters überflog, konnte ich meinen Augen kaum glauben: Mit einer Woche vor dem Regionalligawettkampf in Stuhr war die Mitteldistanz in Szczecin zwar nicht optimal gelegen, doch dies war mir in dem Moment durchaus egal. Nach kurzer Rücksprache mit meinem Coach (Hauke aka Propeller), ergriff ich die Gelegenheit beim Schopfe und integrierte das Rennen als mein persönlichen Saisonhöhepunkt im Rennkalender.

Bereits am Donnerstagmorgen (18.7.19) reiste ich mit Jennie nach Szczecin. Mit knapp vier Stunden Fahrzeit überflogen wir die Autobahn und kamen stressfrei bei meinen Großeltern an, wo wir die nächsten Tage nächtigen würden. Kaum angekommen und noch mitten beim Entladen des Autos, wurden wir zu Tisch gebeten.

Beim Thema Essen ist mit Oma nicht zu spaßen. Bei ihr gilt stets das Prinzip: VIEL MEHR IST BESSER ALS MEHR! Unvorstellbare Mengen dekorierten den Tisch, dass sogar eine zehnköpfige Belegschaft hungriger Triathleten hätte satt werden können.

Mit schwerem Magen und zusätzlichen 5 Kilo auf den Hüften, absolvierte ich am Donnerstag noch eine letzte Laufeinheit bevor es dann, wie es auch anders sein sollte, wieder an den Esstisch ging!

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir mit Shopping und viel essen 😀

Der Renntag

Um 5 Uhr am Sonntag klingelte der Wecker. Dem obligatorischen Kaffee folgte eine erfrischende Dusche. Das kraftspendende polnische Brot, welches mit Opas selbstgemachter Marmelade bestrichen war, rundete das Morgenritual ab und war das i-Tüpfelchen, welches einen erfolgreichen Tag einläuten sollte.

Um kurz nach 6 verließen Jennie, meine Eltern und ich gemeinschaftlich das Haus und fuhren mit der Tram in Richtung Innenstadt.

Kurz nach dem Einrichten der Wechselzone, trudelten auch die übrigen Familienmitglieder ein. In Summe stand ein zehnköpfiger Familienverbund am Streckenrand. An Motivation sollte es heute nicht mangeln. Nun lag es an mir, die im Training angestaute Energie in Rennpower umzuwandeln.

Nach einem kurzen Einschwimmen im Hafenbecken der Oder, stand ich heißhungrig in forderer Front am Schwimmstart und fieberte ungeduldig dem Startschuss entgegen. Um Punkt 8 Uhr ertönte das Startsignal. LETS ROCK THAT SHIT

Das Schwimmen

In einer Dreierkonstelation (Rolling start) sprang ich als Zweiter ins Wasser. Die ersten 300m heftete ich mich an den führenden Schwimmer (NORBERT GIECEWICZ), musste dann jedoch abreißen lassen. Unfreiwillig ließ ich den Führenden ziehen und versuchte mein eigenes Tempo zu finden. Mit 2:15 Minuten Rückstand entstieg ich nach 27:46 als drittschnellster Schwimmer der Oder. Den Weg zum Rad verbrachte ich damit, mich meines Neos auf unkonventioneller Weis3 zu entledigen! Anstatt wie üblich den Reißverschluss zum Öffnen zu benutzen, riss ich den Neo entlang des Reißverschlusses auf und bedankte mich für seine treuen Dienste –  R. I. P! 

Das Radfahren

Als Zweiter stieg ich aufs Rad und freute mich auf schnelle und rasante 90km.

Die Radstrecke, mit vier zu absolvierenden Runden, führte über eine wellige gut asphaltierte Schnellstraße aus der Stadt heraus und über selbige wieder hinein.

Die Streckenführung ermöglichte mir den Abstand zum Erstplatzierten stets im Auge zu behalten. Ich konnte schnell einen guten Rhythmus finden und fühlte mich gut. Mein Radcomputer erwiderte mein gutes Gefühl und zeigte durchaus zufriedenstellende Werte an!

Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 39km/h absolvierte ich in einer Zeit von 2:18:01 die 90 Radkilometer, musste mir vom Führenden jedoch weitere 1:45 Minuten abnehmen lassen, die es nun auf der Laufstrecke zurückzuerobern galt.

Das Laufen

Mit einem Rückstand von knapp vier Minuten begab ich mich mit frischen Beinen auf den Halbmarathon. Die Jagd hatte begonnen!

Die gut besuchte Laufstrecke verlief entlang der Oderpromenade und musste vier Mal absolviert werden. Dabei wurde die Oder an einem Punkt überquert, sodass die Zuschauer ihre Athleten zu jedem Zeitpunkt verfolgen konnten.

Wie bereits beim Radfahren, konnte ich auch beim Laufen schnell einen guten Rhythmus finden. Zu meinem erstaunen, konnte ich bereits nach der ersten Laufrunde den Abstand auf 1:30 Minuten verringern. Dies löste in mir ein regelrechtes Feuerwerk aus.

Mitte der zweiten Laufrunde gelang es mir den Führenden zu überholen. Anstatt wegzuschauen, kommentierte Nordbert Giecewicz mein Überholmanöver mit Glückwünschen, gab mir seine Hand und klatschte ab! Solche Momente zeichnen unseren Sport aus und bleiben unvergessen. Großer Sport!

Schnell konnte ich auf Nordbert Giecewicz die Führung ausbauen. Ausruhen konnte ich mich auf diesem Polster jedoch nicht. Mit Mateusz Borek hatte sich der schnellste Läufer an diesem Tag (1:23:54) auf Platz zwei vorbeigeschoben und die Jagd auf mich aufgenommen.

Auf der Letzten Laufrunde wurde der Abstand immer geringer. An der letzten Wende, etwa drei Kilometer vor dem Ziel, kam mir Mateusz Borek mit schnellen Schritten entgegen. In diesem Moment realisierte ich, dass wenn es mir nicht gelang meine letzten Reserven zu mobilisieren, ich im Begriff war die Führung noch zu verspielen. Der Abstand betrug zu diesem Zeitpunkt knappe 1:30 Minuten.

Wie von einer Tarantel gestochen erhöhte ich mein Lauftempo ohne nach hinten zu schauen. Mit 55 Sekunden Vorsprung und einer Laufzeit von 1:30:26 Stunden, rettete ich mich mit einer Gesamtzeit von 4:18:57 Stunden als Sieger ins Ziel.

Überglücklich und von Emotionen überwältigt, konnte ich es kaum realisieren, dass ich es vor heimischen Publikum tatsächlich geschafft hatte, meinen ersten Sieg auf einer Mitteldistanz, nein warte, bei einem Triathlon einzufahren.

Nach fast 10 Jahren Triathlon hielt ich erstmals den Pokal für den Erstplatzierten in Händen. Ein unwirkliches und zugleich wunderschönes Gefühl.

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich vor Ort und aus der Ferne Supportet haben.

Nächstes Jahr werde ich versuchen den Titel zu verteidigen. Wer zu den heimischen Rennen eine exotische Abwechslung sucht, kann sich gerne bei mir melden 🙂 Organisatorisch war die Veranstaltung auf einem absoluten TOP Niveau.

Sportliche Grüße

Dawid der Pole