Nach 9 Stunden und 40 Minuten sah ich etwas verschwommen die Zielgerade vor mir auftauchen. Neben dem Gefühl der Ermüdung breitete sich euphorisch der Gedanke aus, es endlich geschafft zu haben. Die Konzentration fiel ab, es bildeten sich Tränen in den Augen unter der Brille und ich Ging die letzten Meter auf der Zielgerade ins Ziel des Ironman Maastricht wohlwissend, dass ich mit dem Gewinn der Altersklasse das Ticket für den Ironman auf Hawaii sichern konnte.

Neun Stunden und 40 Minuten früher begann der Tag mit einem beherzten Sprung in die Maas. Die ersten 1,7km der Schimmstrecke fühlten sich locker und beständig schnell an, ich konnte mich an eine gute Gruppe anschließen mit abwechselnder Führung.
Nach 1,7km fand ich mich leider in einem Wirrwarr aus Schilf wieder, in dem ich mich erstmal wieder orientieren musste.

Nachdem dies geschafft war, konnte ich mich wieder an den Bojen orientieren und probierte Kraft für die anschließenden Disziplinen zu konservieren.

Nach einem schnellem Wechsel sprang ich auf mein Speedmax, in freudiger Erwartung auf das Radfahren. Ich war die Strecke vorher abgefahren und freute mich auf die schnellen Abfahrten und knackigen Anstiege.
In den ersten 50km der Radstrecke konnte ich so viele Athleten einholen und passieren. Jedoch merkte ich plötzlich, dass wir auf eine völlig unbekannte Strasse abbogen.  Die letzten 40km der Radrunde sind leider erst kurz vor dem Wettkampf komplett verändert worden.
Plötzlich befand ich mich auf  kleinen Strassen und Schotterpisten wieder, die eher einen Paris-Roubaix Charakter aufwiesen, als die Strecke die ich vorher abgefahren hatte. Da ich grundsätzlich technischen Passagen nicht abgeneigt bin und auch einige Jahre auf dem Mountainbike verbracht habe, konnte ich hier weitere Plätze gutmachen. Es machte irre viel Spaß die Ideallinie auf der Straße zu suchen und auch mal einige Passagen nicht in der Zeitfahrposition abzuspulen.
Neben dem Spaß bemerkte ich jedoch beim “Griff ins Leere” nach der Trinkflasche, dass ich leider beide verloren hatte. Das Problem war, dass meine Ernährungsstrategie auf einer GEL-Flasche aufgebaut wurde.
Die Strategie konnte ich jetzt, zusammen mit der GEL-Flasche, in einem Graben um Maastricht begraben.
Mit “etwas” Panik reduzieren ich mein Tempo deutlich, um die letzten 40 Radkilometer abzuspulen. Zu meiner Überraschung konnte mich jedoch auch kein Athlet aus meiner Altersklasse mehr einholen.
Abgebogen in die Wechselzone merke ich sofort, dass sich meine Beine beim Laufen gut anfühlten.
Ich passierte die Brücke über der Maas gefüllt mit hunderten Zuschauern, die die Athleten anfeuerten, ein unbegreiflich schönes Gefühl.
Als mir dann Kimi meine Zeiten zurief und sagte, dass ich auf dem 3. Platz meiner Altersklasse liege dachte ich einfach nur “Lauf Junge Lauf.”
In den ersten 14km konnte ich mich so schon auf Platz 2 meiner Altersklasse vorarbeiten, bei Km 18 konnte ich die Führung übernehmen.  Absolut euphorisch und ohne jegliche Schmerzen konnte ich die ersten 20km absolvieren, ich war davon überzeugt dieses Tempo (4:30min/Km) durchzulaufen.
Trotzdem probierte ich den Fokus auf Verpflegung zu legen und mich mental auf die letzte Stunde des Ironman vorzubereiten. Gerade in der letzten Stunde des Wettkampfes wird noch einmal über Platzierung und Einbruch entschieden, da es mental die meiste Kraft fordert.

Bei Kilometer 30 erlebte ich dann den ersten richtigen Einbruch beim Laufen, mental und auch energetisch war diese Situation nicht ganz einfach zu bewältigen.
Hier musste ich mein Tempo deutlich drosseln und leider
stellte ich panisch fest, dass sich ein weiterer Kontrahent aus der Altersklasse bis auf 30s aus dem Nichts genähert hatte.
Wäre ich in dieser Situation überholt worden, hätte ich wohl nichts mehr im „Tank“ gehabt, um eine „Attacke“ zu parieren, also warf ich ein Gel und Cola ein und hoffte, dass das flaue Gefühl im Magen und Kopf verschwinden würde.

Meine Rettung war wohl dieser „ Zuckereinwurf”, da ich bei KM 36 das Tief überwinden konnte. Es war jedoch auch eine mentale Entscheidung, entweder das Ergebnis zu verwalten und vermutlich auf Platz 2 meiner Altersklasse zurück zu fallen oder den Berg hinablaufen und die letzten 6km wirklich alles zu geben um die Führung zu behalten.
Ich merkte deutlich wie die Nummer 2 der Altersklasse immer näher kam, es waren bei Km 36 vielleicht noch 20m.
Ich bin überglücklich, dass ich in dieser Situation die mentale Stärke hatte, um mir noch einmal  ein Herz zu fassen und einfach nur zu „rennen“, wobei rennen hierbei 4:45min/Km Schnitt bedeutet ;).
Es waren wirklich die anstrengendsten 6km meines bisherigen Athletendaseins, ich probierte mich nur noch auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und jeden einzelnen Schritt bewusst zu vollführen.

In dieser Situation glaubte ich stets den Atem meines  Kontrahenten im Nacken zu spüren. Ich habe mich deshalb auch wirklich erst auf den letzten Kurven umgedreht um mich zu vergewissern, dass ich vorne liege.
Den Zieleinlauf werde ich jedoch nie vergessen, es war ein unbegreiflich schönes Gefühl alles in diesem Moment aus seinem Körper geholt zu haben und erfolgreich zu sein.
Letztendlich konnte ich meine Altersklasse mit einem 4minütigen Vorsprung gewinnen und wurde 26. Gesamt beim Ironman in Maastricht.
Nun heisst es also Sponsoren suchen und Kofferpacken für die Ironman Weltmeisterschaft im Oktober auf Hawaii,
Kona Baby!

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