Langdistanz-Premiere in Roth: Ende gut, alles gut!

Am Sonntag war es endlich soweit: Tag X, meine Langdistanz-Premiere bei der Challenge Roth. Das Rennen auf das ich mich so lange vorbereitet habe und das mich jeden Tag angetrieben hat. Es sollte ein Tag werden, dessen Ausgang ich zwar erhofft, aber zwischendurch nicht mehr für möglich gehalten habe.

Die Tage vor dem Rennen ließ ich gemütlich angehen. Die letzten Vorbelastungen liefen außer ein paar Regentropfen am Donnerstag reibungslos und von Tag zu Tag fühlte ich mich körperlich und mental frischer. Ich habe mich bewusst nur kurz auf der Messe aufgehalten um mich nicht zusätzlich verrückt zu machen und das dünne Nervenkostüm zu schonen. Die Vorbereitungen wurden am Samstag Abend mit einem ausführlichen „Supporter-Briefing“ abgeschlossen. Jeder aus meiner ca. 10-köpfigen Crew wusste was zu tun ist, wo ich Eigenverpflegung brauche, welche Punkte der Radstrecke mit dem Auto zu erreichen sind und welche Zwischenzeiten ich mir vornehme.

Dass am Sonntag alles anders kam liegt wohl in der Natur der Langdistanz: 45 Minuten vor meinem Start stand ich noch im Stau und der Hektik der letzten Vorbereitungen war es wohl geschuldet, dass ich meinen After-Race-Beutel zwar rechtzeitig abgab, allerdings auch meinen Zeitmess-Chip in den Untiefen des LKW’s verschwinden ließ. Was danach folgte war an Absurdität nicht zu überbieten: Die Helfer fanden in der Masse der Beutel meine Startnummer nicht mehr und so sprintete ich im Neo um 6:35 Uhr durch die Wechselzone, konnte zwar Ersatz-Chips auftreiben aber kein Band dazu. In der Nachbetrachtung ist es gut, dass ich meinen ursprünglichen Gedanken verworfen und den Chip NICHT mit Kabelbindern um mein Fußgelenk gebunden habe 😉

Komfortable 4 Minuten vor meinem Start hatte ich endlich einen Chip, das passende Band dazu und etliche Schweißperlen auf der Stirn. Meine Startgruppe befand sich zu diesem Zeitpunkt schon längst im Wasser an der Startlinie und wartete auf den langersehnten Knall. Eine Minute vor dem Startschuss traf ich dann auch endlich ein, musste allerdings aus dritter Reihe starten und bekam ein paar heftige Schläge ab. Eine verrutschte Schwimmbrille, zwei satte Krämpfe und sechzig Minuten später stieg ich leicht angenervt aus dem Wasser und stellte mich mit Blick auf meine verhärtete Muskulatur auf einen ganz langen Tag ein.

Das Radfahren begann ganz gut, allerdings wurde es ziemlich schnell unrhythmisch, weil viele Athleten in unserer Gruppe scheinbar nervös waren und jede noch so kleine Lücke zufahren wollten, die Führung übernahmen und die Geschwindigkeit dann doch wieder drosselten. Weil fast alle Athleten meiner Gruppe fair fuhren (das fairste Rennen meines Lebens!!), musste immer wieder abgebremst werden um nicht in die Windschattenbox zu kommen. Entsprechend zäh waren wir unterwegs: Bei Km70 war ich satte 13 Minuten hinter meinem eigentlichen Zeitplan zurück und eine schnelle unterzuckerte Hochrechnung ergab einen Radsplit über 5 Stunden. Mein Ziel war schon in weite Ferne gerückt bevor eine Langdistanz überhaupt richtig losgeht.

Dafür war die erste Auffahrt den Solarer Berg hoch absolut genial!!!! Wie bei der Tour de France stehen zig-Tausende von Zuschauern dicht gesäumt, bilden eine enge Gasse, die sich erst kurz vor dir öffnet und schreien Dich den Berg hoch. Dass der Computer Wattwerte jenseits der 400 anzeigt, spüren die Beine in diesem Moment nicht. Ich genoss jede Sekunde und jeden Meter; was sich an diesem Ort abspielt ist mit Sicherheit einmalig!

Zum Glück lief die zweite Radrunde deutlich besser. Ein Athlet nach dem Anderen fiel hinten aus der Gruppe raus und so war ich irgendwann auf mich allein gestellt, konnte gleichmäßig fahren und Zeit und Positionen gutmachen. Mit 4:51std fuhr ich zwar auch durch den recht starken Wind bedingt langsamer als gewollt, hab mich aber zumindest wieder in eine aussichtsreichere Position für den Marathon gebracht.

Die Wechselzone in Roth ist der Wahnsinn. Helfer reichen Dir den Beutel, schütten ihn aus, stellen die Schuhe zurecht, reichen Dir den gesamten Inhalt und ich bin mir sicher, dass sie auch für mich den Marathon gelaufen wären wenn ich nur lieb genug gefragt hätte. Zwischen 4:20 und 4:30 pro Kilometer sollte ich laut Vorgaben meines Trainers laufen. Meine Uhr piepte das erste mal nach 3:55 Minuten – ein Klassiker!

Danach fand ich allerdings meinen Rhythmus. Grob überschlagen musste ich einen 3:06-3:07std Marathon laufen um mein großes Ziel – sub 9 – zu erreichen. So stiefelte ich am oberen Ende der Vorgaben über die Laufstrecke, konnte bis Km 31 konstant zwischen 4:18 und 4:23 laufen und hatte durch meine Supporter und die Atmosphäre an der Strecke immer ein gutes Gefühl dabei. Vor dem härtesten Teil der Laufstrecke, ein langer Anstieg nach Büchenbach, hatte ich mich wieder in eine gute Ausgangsposition gebracht und wusste: „Jetzt geht Langdistanz los, genieß es!“

Kuss auf den heiligen Boden, Krämpfe oder einfach pures Glücksgefühl? Foto: Ironmannews

Irgendwie habe ich mich sogar auf die Schmerzen gefreut, immerhin habe ich gerade für die letzten 10 Kilometer trainiert und mich mental vorbereitet. Etwa 3,5Km vor dem Ziel rief mir meine Patentante zu, dass ich noch 18 Minuten Zeit hätte um unter der 9-Stunden-Marke zu bleiben. Ich rannte wie der Teufel und nutze die Stimmungsnester in der Innenstadt um mich zu pushen und das Tempo zu halten. Was folgte ist an Emotionen nicht mehr zu überbieten!

Das Einlaufen ins Stadion von Roth ist Gänsehaut pur! Als einer der vorderen Finisher bekommt man am „Eingangstor“ Blumen überreicht, Kinder und Erwachsene halten ihre Hände zum Abklatschen heraus und die „Ehrenrunde“ wird zur Siegesfeier! Mit einem lauten Schrei lief ich über die Ziellinie, konnte gerade noch meine Medaille in Empfang nehmen und fiel dann zu Boden. Die Uhr zeigte am Ende 8:56,57. Ich hatte mein ganz großes Ziel erreicht und – das ist das Beste an diesem Tag – konnte es gemeinsam mit meiner Family, mit Freunden und Bekannten feiern!

Foto: Marcel Hilger

Bei der Finish-Line Party, bei der die letzten Athleten empfangen wurden und das Rennen mit einem Feuerwerk endete, wurde ich die Gänsehaut nicht mehr los. Nicht nur die Langdistanz, sondern auch die Challenge Roth im speziellen ist ganz besonders: derartige Emotionen und die Intensität an Gefühlen und Schmerzen kannte ich bis dato nicht. Kein Zweifel, das Feuer für die Langdistanz brennt weiter in mir und im Hinterkopf werden schon Pläne geschmiedet. Jetzt heißt es aber erst einmal ausruhen, genießen und die Regio-Teams am Sonntag in Itzehoe zum Sieg schreien!

In diesem Sinne, bleibt fleißig

Nicht-mehr-Langdistanz-Rookie Alex