Lange-Weile beim Ironman? Fehlanzeige!

Zu meinem 30er schenke ich mir selber eine Langdistanz – im Laufe meiner Triathlonlaufbahn festigte sich irgendwann dieser Gedanke und wurde im Juli 2017, nach mehreren Jahren Triathlonsport Realität. Die Registrierung und die damit verbundene großzügig Spende an Ironman  erledigte ich am Tag nach dem IM Austria 2017. Um mir in meiner Angst beizustehen begleitet mich Leidensgenosse Luki Kaiser und war mir auch bei der Dokumentation behilflich.

Im Oktober gab es die erste Lagebesprechung mitsamt Coach. Die gemeinsam vorgenommene Einschätzung war, dass an einem perfekten Tag und bei guter Vorbereitung eine Zeit unter 9 Stunden möglich ist. Die perfekte Vorbereitung erwies sich jedoch ziemlich schnell als Luftschloss. Immer wieder warf mich gerade bei langsamen Läufen, die für eine Marathonvorbereitung nicht ganz unerheblich sind, meine Hüfte zurück.

Somit bedurfte es einer Anpassung – statt  intensiven Läufen oder langen Einheiten gab es Termine beim Ostheopathen, Mobility-Einheiten und Besuche beim Orthopäden bzw. der Physiotherapeutin. Im Zuge der Physio-Behandlungen wurde die Hüfte stabiler und die Laufform kam im Laufe des Winters langsam zurück.

Nach dem Trainingsstart im November war es Ende Juni endlich soweit und ich durfte mich auf den Weg nach Klagenfurt machen. Die Leistungen aus Trainings, sowie Wettkämpfen stimmten optimistisch und so flog ich mit einem guten Gefühl nach Österreich. Am Donnerstag erfolgte der Flug und am Abend nach der Ankunft versuchten wir im Kreise der Familie noch meiner Nervosität beizukommen. Am Freitag stand Abholen der Startunterlagen, Abfahren der Abfahrten und Vorbereiten der Wechselsäcke am Plan. Die Zeit verging im Flug und ehe ich mich versah, stand ich am Samstag schon beim Checkin. Im Vorfeld betrachtet hatte ich den Ironman-Ausflug auch als Urlaub gesehen. Davon hatte ich bis Samstag nichts mitbekommen.

Der letzten Nervosität kam ein Bekannter, etwas bedächtigerer Triathlet, mit dem  Spruch „Wovor hast du eigentlich Angst, Alex? Du kannst ja alles.“ am Samstag beim Check-In bei. Bisher hatte ich noch bei keinem einzigen Wettkampf Schlafprobleme, aber ein Start bei einem Ironman geht auch an mir nicht spurlos vorbei. Ein Zusammenschnitt von Glückwünschen meiner Familie aus aller Welt half etwas und so konnte ich zumindest bis 4 Uhr halbwegs durchschlafen.

Ab dann war die Nervosität, wie weggeblasen, da die Abläufe eigentlich immer die selben sind. Frühstücken, Anfahrt, letzte Vorbereitungen in der Wechselzone, einschwimmen und warten im Vor-Startbereich. Aufgrund des Rolling Starts war es Immens schwierig sich an anderen Athleten zu orientieren. Deshalb versuchte ich einfach ein schönes Tempo zu finden, mich gut zu orientieren und möglichst zielsicher in den Landkanal und damit die abschließenden 800m einzubiegen. Das gelang auch und nach 55:59 durfte ich auch schon wieder den Fluten entsteigen.

Offensichtlich hatte ich nach dem Schwimmen noch zu viel Kraft in meinen Armen, sodass ich mir beim anschließenden Wechsel direkt Neo+Chip vom Bein riß. Ein Wermutstropfen für meine treue Anhängerschaft, die mich aber zumindest nach 5:06 Stunden wieder zurück in die Wechselzone rollen sah. Im Vorfeld hatte ich mich oft gefragt, ob irgendwann am Rad Langeweile einkehren würde oder der Kopf Faxen macht. Im Nachhinein war ich, glaube ich, noch nie so beschäftigt am Rad – Essen, Schalten, Sichergehen nicht Windschatten zu fahren, Lenken, mit dem Kampfrichter über den verlorenen Chip debattieren – nach dem Radfahren war ich froh, als ich beim Laufen endlich nur gerade aus laufen konnte und an weniger denken musste.

In der Hoffnung, dass bei der mittlerweile hoch über uns stehenden Sonne noch ein paar vor mir einbrechen, wollte ich mich bestmöglich kühlen: Zugegebenermaßen den Style-Preis hatte ich mir damit nicht gesichert. Die Kraft, die ich nach dem Schwimmen noch zu viel hatte, wollte ich mit einem Gel alle 6 Kilometer aufrecht erhalten, ehe mir mein Körper nach 25 Kilometern realisierte, dass das wohl zu wenig war. Auf einmal war sowohl in den Beinen keine Kraft mehr, als auch im Kopf kein Wille mehr aufgrund eines Energiedefizits. Somit wurde das Notprogramm aktiviert: Cola, Cola, Cola an jeder Labe und die Jan Frodeno-Taktik kam zum Einsatz. Spazieren an den Laben, Kopf, Arme, Beine kühlen, Cola und dann wieder anlaufen. Nach 10km im eher gemäßigten Tempo-Bereich hatte ich meine Beine nach 35km im Marathon wieder halbwegs im Griff und stürmte Richtung Ziel. Das avisierte Ziel von 9 Stunden hatte ich zu diesem Zeitpunkt leider schon ad acta gelegt, nichtsdestotrotz war der Zieleinlauf und der anschließende Zusammenschluss mit meiner Supportcrew ein unfassbar emotionaler.

Am nächsten Tag wohnte ich als Interessierter der Slot-Vergabe bei. Mit Platz 16 in der Altersklasse waren meine Aussichten überschaubar. 17 Minuten waren es im Endeffekt, die mir auf die Hawaii-Qualifikation gefehlt haben, aber um es in den Worten meines Landmanns zu sagen: „I’ll be back“. Vielleicht sogar schon in Barcelona, aber jetzt gibt’s erst mal Liga-Spaß bis September mit den TTS Hamburg-Raketen.

Alex Huber