Es war das härteste Rennen, was ich jemals gemacht habe!

Zwei wesentliche Punkte waren dafür verantwortlich: Erstens die klimatischen Bedingungen, da es wirklich heiß war und zweitens der psychische Faktor, da die Streckenführung auf dem Rad und beim Laufen unendlich lange Geraden mitbringt.

Schwimmstart

Der Schwimmstart bei feinstem Wetter.

Das Rennen startete für mich nicht optimal. Obwohl das Wasser sehr warm war, verkrampften immer mal wieder der rechte oder der linke Fuß. 200 Meter vor dem Schwimmausstieg dann auch noch die linke Wade. So stark dass ich mich auf den Rücken drehte und einen Schrei ausstieß. Ich versuchte irgendwie den Ausstieg zu erreichen, schwamm quasi Kraularme, da ich die Beine nicht bewegen konnte. Wie konnte es dazu kommen? Ich weiß es nicht. Üblich ist, dass so etwas bei kaltem Wasser passiert. Vielleicht durch die Anspannung, da die kompletten 3,8 Kilometer höchste Konzentration erforderten. Man war damit beschäftigt nicht geschlagen zu werden, die richtigen Füße zu finden und diese zu behaupten. Ich war verdammt froh, als ich den Ausstieg erreichte, doch dann gleich der nächste Schock: Ich trage meine Garmin Uhr mit einem Adapter am Handgelenk, damit ich sie ab und aufs Rad machen kann. Beim Schwimmen hatte sie mir jemand von dem Adapter geschlagen! Sie ist eigentlich sehr fest, dass muss ein böser Zufall gewesen sein. Nicht nur dass die Uhr sehr teuer war, auch die Tatsache nun ohne Wattmessung auf dem Rad und ohne Laufpace beim Marathon agieren zu müssen, ärgerte mich enorm!

Rad

Die härteste Radstrecke, die ich bisher bei einem Ironman gefahren bin.

Trotz allem begann das Radfahren sehr nett. Die ersten Kilometer führen nur kurz raus aus Kona und mit einer Wende wieder rein in die Stadt. Dort standen sehr viele Zuschauer, es war motivierend! Doch dann begannen 170 Kilometer, die mental nicht härter sein konnten. Anfangs war ich noch viel damit beschäftigt keinen Windschatten zu fahren und die richtigen Flaschen bei den Verpflegungsstationen zu greifen. Doch mit der Zeit entzerrte sich das Feld. Den Krampf in der Wade spürte ich tatsächlich noch ca. 50 Kilometer bei jedem Tritt. Meine Gedanken waren schon beim Marathon: „Oh man, wie soll ich mit dieser angeschlagenen Wade den Lauf bewältigen!?!?“ Doch zum Glück wurde der Muskel immer entspannter. Ich fuhr mir den Krampf immer mehr raus, bis ich den Muskel nicht mehr spürte. Man fährt 85 Kilometer von Kona nach Hawi durch eine einzige Lawawüste. In Hawi ist Wende, den gleichen Weg zurück. Die Sonne brannte. Einmal dachte ich eine riesige Pfütze auf der Straße zu sehen, freute mich schon über Abkühlung, doch stellte sich heraus, dass dies die flackernde Hitze war. Jede ergatterte Wasserflasche spritzt man sich über den ganzen Körper, wo es nur geht! Eine riesige Wohltat, die ca. eine Minute anhält – dann ist der Einteiler mehr oder weniger trocken. Der Wind! Der Wind blies so stark. Sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg. Man kämpfte immer wieder mit enorm starken Gegenwindpassagen. Bis Kilometer 140 fühlte ich mich sehr stark und war richtig gut in der Zeit. So glaubte ich, denn ich hatte ja keine Uhr mehr. Dann wurde es schwerer… Bei Kilometer 160 war die Luft raus. Ausgerechnet begann hier aber noch ein enormes Gegenwindstück, welches bis zur Wechselzone Kraft kostete. Ich musste auf der Ebene vorne auf dem kleinen Blatt fahren. Die, die mich kennen wissen, dass mir so etwas nicht gerade oft passiert. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie ich in diesem desolaten Zustand nun einen Marathon bei dieser brütenden Hitze laufen sollte. Es war wirklich unvorstellbar! In der Wechselzone ließ ich es entspannt angehen. Ich musste mich ja jetzt nicht mehr – wie in Klagenfurt – für Hawaii qualifizieren! 😉 Nach fünf Minuten und einem kurzen Toilettengang begann ich die letzte Mission.

Laufen

Raus aus Kona zum Queen K Highway – dem härtesten Teil des Rennens.

Support

Meine Supportercrew gab bereits in den frühen Morgenstunden Vollgas!

Der menschliche Körper ist ein Phänomen! Durch das viele Training in den Monaten vor dem Rennen, war es tatsächlich schlichtweg überhaupt kein Problem los zu laufen. Sicherlich tat mir beim Schuhe anziehen enorm der Rücken weh, doch beim Laufen war alles cool. Ich lief die ersten drei Kilometer mit der Schweizerin Natascha Badmann – sechsfache Hawaii Siegerin bei den Profidamen. Es war ein tolles Gefühl, da sie von allen Zuschauern mit Namen angefeuert wurde. Nach einem kurzen sehr sympathischen Plausch mit ihr, zog ich dann davon und fand schnell meinen Rhythmus. Obwohl ich keine Uhr hatte, konnte ich relativ Konstant eine ganze Weile im 4:30iger Schnitt laufen. Mein inneres Tempogefühl ist also zu gebrauchen! Auch der Lauf begann schön, da die ersten 14 Kilometer über den Ali i Drive verliefen, wo reihenweise Menschen am Streckenrand standen, die in einer Tour anfeuerten oder mit Wasserschläuchen spritzen. Eine Wohltat! Alle 1,8 Kilometer gab es Verpflegungsstationen, was in etwa so ablief: Zwei Becher Wasser greifen und über den Kopf kippen – wegschmeißen. Direkt im Anschluss Gatorade oder Cola trinken, meistens zwei Becher – wegschmeißen. Sofort weiter mit kalten Wasserschwämmen. Auf dem Körper ausdrücken – wegschmeißen. Schnell einen Becher Eis greifen, das Eis in der Cap ausleeren, Cap aufsetzen – Becher wegschmeißen. Am Ende der Station noch schnell zwei Becher kaltes Wasser greifen, über der Brust auskippen – wegschmeißen. Es war immer Stress, da alles ganz schnell gehen musste, damit man auch ja nichts verpasst. Sonst wären die folgenden 1,8 Kilometer der Horror… Sicherlich bin ich auch mal kurz gegangen, damit ich nichts verpasse, doch vermied ich das so oft es ging. Schließlich ist ja letztendlich doch ein Rennen! 😉 Der Schlüssel war tatsächlich das Eis in der Mütze auf dem Kopf. Hier auf Hawaii ist es das A und O die Körpertemperatur zu regulieren, damit man ja nicht überhitzt. An vielen Stationen ließ ich ein paar Eiswürfel in der Hand, die ich mir in meine Schweißbänder an beiden Handgelenken reinstecken konnte. Dafür hatte ich extra Schweißbänder mitgebracht. Auch das war hilfreich, da so punktuell an der Hauptschlagader gekühlt wurde. Ab Kilometer 15 ging es dann auf den Queen K Highway, auf dem auch die Radstrecke lang führte. Stumpf geradeaus, pralle Sonne, ganz selten Menschen am Straßenrand – es war heftig! Ich war so froh, als ich endlich das bekannte „Energy Lab“ erreichte, da ich wusste, wenn ich das überlebe, geht es direkt Richtung Ziel, da dort die letzte Wende war. Das Energy Lab ist tatsächlich noch einen Tick heißer als überall anders. Das liegt daran, dass es runter direkt an die Küste geht und sich die Hitze dort noch mehr staut. Der Rückweg zum Ziel war brutal. Die Kräfte ließen nach, jede Verpflegungsstation war ein Segen, waren Zwischenziele für das große Ziel. Als es endlich wieder vom Queen K Highway in Kona runter zum Ali i Drive zum Ziel ging, konnte ich es einfach nicht fassen. Mein Bruder und Freund

Zieleinlauf

Der emotionale Zieleinlauf!

Helge liefen den Berg neben mir mit herunter und feuerten mich an, dass ich es gleich geschafft hätte. Ich konnte es einfach nicht fassen. Die letzte Kurve, ich hörte den Sprecher, die Musik…hatte absolut keine Ahnung, was meine Zeit ist oder auf welcher Position ich mich
befand. Ich wollte einfach nur noch ins Ziel! Der Zieleinlauf war der Wahnsinn. Eine Bombenstimmung, ich streckte die Faust in die Luft, klatschte mit dem Rest meiner Supportertruppe Alexandra und Janine ab, rang mit den Tränen und stieß auf der Ziellinie einen verdammt lauten Schrei aus! Geschafft!!!! Zitternd vor Erschöpfung, die Hände kribbelten aufgrund mangelnder Durchblutung, begleitete mich ein Helfer in den Athletenbereich. Ich rettete mich gerade noch so auf ein Stück Rasenplatz am Strand des Kona Beach Hotels und blieb dort einfach eine halbe Stunde liegen…. Es ging nichts mehr, der Motor war leer, alles gegeben. Als ich dann meine Zeit hörte – ich vergaß darauf zu achten, als ich ins Ziel kam – sowie die Platzierung und die Tatsache, dass ich knapp zu den 10 Prozent der besten Ironmanathleten auf der Welt gehöre – war ich einfach nur glücklich meinen Traum auf diese Art und Weise zur Realität gemacht zu haben!

Endergebnis

Das Endergebnis. Okay ja, ich wurde “gechickt”! 😉

Supportercrew

Beste Supportcrew die man sich wünschen kann!