Aufstehen, aufstehen, jeden Morgen wieder aufstehen!

Als Rennfahrerin und Rechtsanwältin feierte sie große Erfolge, nach (gefühlten) Katastrophen stand sie stets wieder auf (*). Tina Strehl erklimmt die Heilbronner Zwischenetappe.

Triathlon ist ein Sport für Stehaufmännchen. Strenggenommen ist das die vierte Disziplin. Aufstehen jeden Morgen vor allen Anderen, um dann rechtzeitig frischtrainiert im Büro auf der Matte zu stehen. Auf dem Laufband stehenbleiben, wenn andere ins Bett gehen um fix noch im Halbschlaf die letzte Trainingseinheit durchzustehen. Stand by my coach…. Unglaublich immer wieder, was doch alles geht, wenn man das durchhält. Aufstehen, aufstehen, aufstehen und nochmal immer wieder aufstehen.

Und mal wieder ein Beispiel für diese Theorie und eine neue Bereicherung meines umfassenden Erfahrungsschatzes:

Noch vor vier Wochen war ich endgültig überzeugt, dass dies jetzt endlich mal wirklich das absolute, unwiderrufliche, eiskalte Ende war bzw. werden würde. Hemdingen, Heilbronn, Regionalliga, Roth, Kona. Alles stand in Frage. Warum? Am Sonntagmittag noch in Topform entschloss ich mich am Abend ganz ohne Not ein paar Atom-Strahlenschutzsteine(**) zu stehlen. Und ungeeigneter Dieb, der ich bin, war das Ding zwei Stunden später aufgeflogen. So reumütig wie zornig schleppte ich die tonnenschweren Dinger zurück. Aber da ja im Leben selten was ungestraft bleibt verhob ich mir bei dieser Gelegenheit richtig solide den Rücken und konnte von nun an die nächsten drei Wochen das Bett nur noch im Rollgang verlassen. Mentaltrainierte sagen da: “Prima immerhin Rollgang und nicht Rollstuhl…” Wie dem auch sei, meine Schulter war ohnehin schon seit Dezember ruiniert, jetzt strahlt eben auch noch der Rücken. Kein Problem, dann arbeiten wir eben mit den Resten!

Der Weg ist das Ziel, genieße ihn. Also einfach weitergehen. Kannst Du nicht Laufen, fahr Rad. Kannst Du keine 5000m schwimmen, schwimm 500m. Kannst Du nur 30min im 7er Schnitt? Tu´s!! Nicht fit für das Rennen? Dann nimm es als Training. Aufstehen, aufstehen, jeden Morgen aufstehen! Nicht für Ruhm und Ehre, sondern für utopisch ferne Visionen, das ist die Kunst der Champions.

Und so kam es, dass ich trotz der Strahlenschutzsteine, trotz ausgefallener Züge und Busse, trotz einer gefühlt zehnspurigen Straße vor dem Hotel und trotz gefühlt 5Grad Wassertemperatur schmerzfrei bei der Challenge Heilbronn an der Startlinie stand. Und so kam es, dass ich mich trotz einer fünfmonatigen Schwimmpause nur um 2:30min verschlechterte. Und dass ich der depressiven Aura des Wattmessers nicht erlag, sondern das bisschen das möglich war gnadenlos und entschlossen aus meinen Beinen presste (so leere Zitronen habe ich selten gehabt, hätte man eigentlich umtauschen sollen). Und so kam es auch, dass ich plötzlich Laufen konnte. Keine Ahnung, was da nun schon wieder in mich gefahren war, aber urplötzlich gewann ich das Ding im Laufen. Auch wenn ich nie verstanden habe warum, bin ich tatsächlich noch nie in meinem Leben einen Mitteldistanz-Halbmarathon unter 1:40 gelaufen. Und an diesem verdammten Tag ging es plötzlich. Und zwar in 1:36:22.  Dass meine Gesamtplatzierung nicht so ganz elitär war, geschenkt. Es gilt auch mal das zu würdigen, was geklappt hat. Und das ist ein Deutscher Meistertitel AK und Platz 11 in einem starken Feld. Und das wovon? Einzig und allein vom Aufstehen.

Bettina Strehl

* Frei nach der Süddeutschen Zeitung zum Tod von Nikki Lauda. Passt doch wie Faust auf Auge, nicht?

* *Strahlenschutzsteine sind Steine, die im atomaren Ernstfall dazu gedacht waren die Türen von Bunkern strahlenschutzsicher zu verschliessen. Und da ich nun mal in einem ehemaligen Atombunker wohne, gibt es dort ein paar davon

Das sind die dummen Strahlen-Dinger